Hofgestaltung Obertor
Winterthur

36
Ausloberin

Stadt Winterthur, Amt für Städtebau

Projektdaten

offener Projektwettbewerb 2024 

Fläche

2'020 qm

Architektur Hofpavillon

Atelier Piero Bühler, Winterthur

Ingenieurbüro

Hochkant Ingenieurbüro AG, Winterthur

Visualisierung

Indievisual, Zürich

Projektstatus

Wettbewerb

Ausgangslage und Ziel

Der für eine künftige öffentliche Nutzung freigewordene «Parkplatzhof» inmitten der östlichen Altstadt erweitert das Innenstadterlebnis für die Bevölkerung um einen unerwarteten Freiraum. Hinter den steinernen Fassadenzügen der langgestreckten mineralischen Altstadtstrassen eröffnet sich eine eigene Welt der Verwinkeltheit und Kleinteiligkeit und Vielfalt, welche nun mit Mitteln der Entsiegelung in einen grünen Rückzugsort für Alle verwandelt werden kann. Die bereits südlich der Badgasse vorhandene – hier private – Typologie des Gartenhofs wird aufgenommen und in den Projektperimeter erweitert.

 

Freiraumlesung und Konzept

Mit der mittelalterlichen Stadterweiterung um eine östliche und westliche Vorstadt (Neustadt) entstanden für die ursprüngliche Kernstadt untypische Strassenzüge, welche Bebauungsgevierte mit weitgehend unbebauten Innenbereichen bzw. grossen Hofräumen ausbildeten. Historische Plandarstellungen zeigen grössere, wohl in erster Linie der Selbstversorgung dienende Gartenflächen. Weitere «rückwärtige Nutzungen» liessen eine Vielfalt an Anbauten, Erkern und Nebengebäuden, Mauern und Mäuerchen entstehen, welche heute mit ihrer Vielgestaltigkeit und Buntheit im anregenden Kontrast zu den langen Fluchten der strassenseitigen Frontfassaden stehen. Ein Hauch von chaotischer Vergangenheit und Wildwuchs mit romantischer Anmutung.

Im südlichen Teil des von Obertor, dem Oberen Graben, der Tösstalstrasse und der Neustadtgasse gebildeten Bebauungsgevierts ist der Innenbereich von öffentlich nicht zugänglichen privaten Gartenoasen bestimmt, deren atmosphärische Dichte für die Gestaltung des neuen Hofraums Ausgangs- und Anknüpfungspunkt ist. Mit der Neugestaltung des Projektperimeters wird der bestehende Asphaltbelag überall dort ausgebaut, wo ein Hartbelag nicht weiter erforderlich ist und daher zugunsten von Vegetationsflächen oder Chaussierungen weichen kann. Entsprechend werden konsequent die Randbereiche entlang von Fassaden, Mauern und Grenzen zu Staudenflächen als Begleiter beim Durchqueren des neuen Gartenhofs. Gehölze und Kletterpflanzen ergänzen die aus dem Asphalt geschnittenen Rabatten und füllen den heute kargen Hof. Baumpflanzungen lassen zusammen mit den bestehenden Bäumen der Nachbarparzellen stimmungsvolle schattige Aufenthaltsbereiche entstehen. 

Die verwinkelten Gassen des Inneren Rettenbachwegs und der Lörlibadgasse erhalten durch eine schmale gepflästerte Wegspur, welche in ganzer Länge vom Obertor bis zum Anschluss an der Badgasse durch das Areal gezogen wird, eine neue Verästelung des Fusswegnetzes. Die Wegspur nimmt in Winkelung, Breite und Materialisierung die Typologie der feinen Altstadtwege auf und ist Angebot und Aufforderung zugleich, den Hofgarten zu entdecken oder zu durchqueren. Mit seiner Pflästerung aus Guber-Quarzsandstein fügt sich der Weg nahtlos in das bestehende Wegnetz ein.

 

Hofgarten - Gestaltung und Gliederung

Vom Obertor betritt man die von Stauden und Gehölzen gesäumte Gassenöffnung zwischen Obertor 13 und 17. Der läuferartig in den aufgeschnittenen Asphalt eingelegte Gubersteinteppich führt als Hofgartenweg durch die grüne Gasse auf den Laternenhof vor dem genossenschaftlichen Hofhaus (Obertor 15 und 17a) der GESEWO. Eine übergrosse hängende Altstadtlaterne bestimmt, eingespannt zwischen den flankierenden Fassaden, den Hof, «lockt» von der Obergasse in die Tiefe des Hofraums und markiert die Fussweggabelung, die entweder direkt zur Neustadtgasse oder aber weiter in den Hofgarten führt. Weiterhin stark von Hartbelägen geprägt, weist der Laternenhof einen Werkhofcharakter auf und integriert die Fahrwege zu den privaten Stellplätzen sowie die den Gewerbeflächen verfügbaren fassadennahen Bereiche.

Ein neuer Wandbrunnen mit feiner Akustik führt um die Ecke des Hofhauses herum in den eigentlichen Hofgarten. In Reminiszenz an mittelalterliche Nutzgartenstrukturen besetzt ein aus holzgefassten Hochbeeten bestehender Garten das Vis-à-vis des Genossenschaftswohnens. Die umgenutzte Tragstruktur der ehemaligen Parkplatzüberdachung wird zur raumhaltig-luftigen Gartenpergola, die aus den Hochbeeten heraus und von der rückwärtigen Spalierwand berankt wird und mit ihren fruchtbehangenen Klimmern zur Obst- und Gemüseernte (durch die hegenden Genossenschaftler) einlädt. Am Ende der hölzernen Gerüststruktur bilden angehängte Schaukelsessel den Übergang vom Garten zum chaussierten Quartiersplatz.

Von einer weit ausholenden Bogenbank gefasst, bietet der kleine Platz für alle Altersgruppen Raum für Aktivität und Aneignung. Bankbegleitende Tische und Stühle laden zum Zusammensein ein. Boule, Schach und Ping-Pong ermöglichen generationsübergreifendes Miteinander. Grosse Bäume ergänzen die bestehenden Nachbarsbäume und die vorhandene Hainbuche. Mit Ausnahme des in der Platzmitte vorgesehenen Schnurbaums (Sophora) mit seinem gefiederten Laub und lichtem Schattenwurf werden dabei analog zum Bestand Ahorne gepflanzt. Der Übergang zu den angrenzenden Fusswegen des Inneren Rettenbachwegs und der Lörlibadgasse wird durch eine Staudenpflanzung im Rücken der Bogenbank sowie die beibehaltenen bestehenden Mauern und Zäune begrenzt. Der ortsprägende Charakter der schmalen, gefassten Gässchen wird so gewahrt. Lediglich eine kleine Öffnung in der Mauer ermöglicht die direkte Anbindung der Lörlibadgasse an den Quartiersplatz. 

Ostseitig wird der Quartiersplatz von einer Versickerungs- und Retentionsmulde, dem Regenfänger, ergänzt. Platzseitig von breiten Stufen gefasst und mit einer maximalen Einstautiefe von 20cm, geht das entstehende Feuchtbiotop zu den angrenzenden Privatgärten in eine von Riedgräsern und Weiden bestandene Verlandungszone über. Der Regenfänger wird vom Oberflächenwasser der Belagsflächen und von den Dachflächen des Hofhauses gespeist, das von der offenen Rinne des Brunnenabflusses gesammelt wird. Während der Brunnen für einen kontinuierlichen kleinen Zufluss sorgt und ein völliges Austrocknen im Hochsommer verhindert, bietet der Regenfänger dem Meteorwasser ein bedeutendes Speichervolumen, das über Verdunstung und Versickerung den Hofgarten zum Cool-Spot werden lässt. Als Biotop wird er zudem zum Lebensraum von Insekten und Amphibien und dadurch zum Ort der Naturerkundung nicht nur für kleine Forschende.

Bevor die offene Rinne den Regenfänger erreicht, wird sie von den Zugängen zur Werkgasse des Hofhauses und zum Hofpavillons (ehemalige Garagenbauten) gequert. Ist der schmale gekieste Hof zwischen Genossenschaftshaus und Hofpavillon den Bewohnern als ruhiger Rückzugsort vorbehalten, so soll der Hofpavillon eine gemeinschaftliche Mischnutzung für die gesamte Nachbarschaft ermöglichen. 

Die bestehenden Garagenbauten werden dazu baulich in einen Gemeinschaftsraum mit Werkstatt und Küche umgewandelt, der sich über Schiebetore zum Hofgarten öffnen lässt. Hier sollen Velos etc. repariert werden und Kindergeburtstage etc. gefeiert werden können. Eine den Genossenschaftlern vorbehaltene Dachterrasse ergänzt den Hofpavillon. Über eine integrierte Treppe sowie einen Brückenschlag zum Hofhaus ist diese Gartenloge erreichbar.

Bei der künftig wieder als Badehaus genutzten Badgasse 6 schliesst der Hofgartenweg an den Inneren Rettenbachweg an. Der angrenzende rückwärtige Bereich des Badehauses erhält eine Pflästerung analog zu den platzartigen Bereichen entlang der Badgasse. Die erforderlichen Parkplätze werden entsiegelt und gekiest. Neben Parkierung und Anlieferung kann der entstehende Hof bei Bedarf auch als stimmungsvoller Teil des Hofgartens für Café oder Apéro genutzt werden.

  

Nutzerschaft und Nutzungszonierung

Entsprechend der Kleinteiligkeit und Vielgestaltigkeit der ortsprägenden «Hinterhofstrukturen» bietet der entstehende Hofgarten ein reichhaltiges Freiraumangebot auf engem Raum und entspricht so, mit ganz eigener Prägung, der verdichteten Altstadt. Der neu als öffentlicher Raum erschlossene Hofgarten erhält nur bedingt eine klare Nutzungscodierung. Es werden vielmehr Schwerpunkte bestimmter Nutzungsmöglichkeiten angeboten, deren Übergänge fliessend sind und sich überlagern. Verbindendes Element ist der gepflästerte Hofgartenweg, der den Perimeter durchquert und mit dem «Aussen» verbindet.

Neben den klar als öffentlich lesbaren Bereichen des Laternenhofs und des Quartiersplatzes gibt es klar als privat lesbare Bereiche wie die rückwärtigen, mauergefassten Höfe des Obertors 13, 17 und 17a., welche hausbezogene Nutzungen (Velo, Container) aufnehmen. Daneben gibt es mit dem Pergolagarten und dem Hofpavillon Bereich, die einer Zuwendung und Aufsicht (und Betrieb) durch die Genossenschaftler erfordern. Als Kümmerer übernehmen sie die Obhut über diese Bereiche, ermöglichen aber auch die Teilhabe durch die Öffentlichkeit.

  

Beleuchtung

Die Beleuchtung des Hofgartens beschränkt sich auf die erforderliche Ausleuchtung der Fusswegverbindung. Der Quartiersplatz und weitere Randbereiche (Regenfänger, Pergolagarten) bleiben im Sinne des Dark-Sky unbeleuchtet. Für die Leuchten wird auf die bereits in den angrenzenden Gassen verwendete Altstadtleuchte zurückgegriffen. Mit der ins Zentrum des Laternenhofs eingehängten Grosslaterne gleicher, aber übergrosser Bauart, wird das sonst beiläufige Element zum identitätsstiftenden und verortenden Objekt, das die Multifunktion des durch sie bestimmten Freiraums nicht einschränkt.

  

Neu, Bestand und unsichtbare Vergangenheit

Der neue Hofgarten integriert auf ungezwungene Art bestehende Strukturen in die neue Gestaltung. So werden sämtliche vorhandene Mauern erhalten und ggf. von Anbauten befreit. Vom bestehenden Asphaltbelag wird subtraktiv überall dort Fläche ab- oder herausgeschnitten, wo neue Vegetationsstrukturen oder ungebundene Beläge entstehen können und sollen. Die dadurch zufällig wirkenden, fragmenthaft verbleibenden Belagsmarkierungen der vormaligen Parkplatznutzung sind dabei gewollte Spuren einer vergangenen Episode. Nicht nur die übernommene Patina soll dabei einen versöhnlichen Wandel befördern, sondern auch die implizierte Nachhaltigkeit durch Ressourcenschonung (Abbruchvermeidung durch Nutzungsverlängerung) sowie die Reduktion der Erstellungskosten. Gut 25% der Belagsfläche kann so unangetastet verbleiben.

Durch die Übernahme der Tragkonstruktion der ehemaligen Parkplatzüberdachung kann ein sonst kostenintensives Bauwerk wie die Gartenpergola als ortsprägendes Element zu einem Bruchteil der Investitionskosten erstellt werden. Ebenso ist der Umbau der Garagenbauten zum Hofpavillon mit relativ einfachen Massnahmen realisierbar und ist damit eine einmalige Gelegenheit, Mehrwert aus dem Bestand zu generieren.

In den Untergrund eingreifende Massnahmen können durch dieses Vorgehen fast komplett ausgeschlossen werden. Die archäologische «Sperrschicht» ca. 40cm unter der Bestandsoberfläche wird lediglich in kleinen Bereichen der Versickerungsmulde angetastet, wobei hier auf Sondierungsbefunde während des Bauens gut reagiert werden kann. Dies gilt auch für die Baumstandorte, für die zwecks Anhebung der Pflanzgrubensohle eine Anhebung der neuen Geländeoberfläche vorgesehen ist. 

 

Vegetation

Für die neuen Vegetationsflächen wird auf artenreiche Staudenansaaten zurückgegriffen, welche je nach Standortexposition durch Strukturbildner angereichert werden. Blütengehölze ergänzen die Rabatten um räumlich wirksames Volumen. Der Regenfänger erhält eine Ansaat mit wechselfeuchter Staudenflur, Riedgraspflanzungen und kleine Weidengehölze. Die Baumpflanzungen übernehmen mit flachwurzelnden Ahornen (Acer platanoides und campestre) das bereits vorhandene Gehölzbild. Mit einem Schnurbaum wird im Zentrum des Hofgartens und im Laternenhof ein Akzent mit einem flachwurzelnden (Archäologie) und klimaresistenten Zukunftsbaum gesetzt. Die chaussierten Baumscheiben erhalten eine Ruderalansaat, die sich je nach Nutzungsintensität in die Fläche entwickeln kann. Einzelne Pflanzungen von Edelkastanien begleiten zudem den Hofgartenweg. 

 

Hofpavillon

Die bestehende Baustruktur der Garagenbauten wird durch Entfernen und Hinzufügen von Öffnungen zum Gemeinschaftspavillon gewandelt. Mit der Entfernung der trennenden Mauern werden die beiden Garageninnenräume verbunden und mittels zweier Doppelstützen die statische Schwächung aufgehoben. Zum Hofgarten erhält das Bauwerk eine markante Fassade mit Rundfenster und Regenspeier in den davorliegenden Regenfänger. Die rechte Garagenöffnung wird dazu mural gefüllt. Der linke Garagenteil erhält dafür eine breite Öffnung mit einem Unterzug und einem Schiebetor, das sich an den vorhandenen Toren auf der Nordseite orientiert. Der Gemeinschaftsraum kann so zum offenen und durchlässigen Pavillon gewandelt werden. Ein Werkstatt- und Küchenblock steht den Nutzern zur Verfügung. 

Die Öffnung der Bauwerksdecke für die Treppenanlage auf die Dachterrasse folgt der statischen Struktur, wobei diese zur Aufnahme der zusätzlichen Nutzungsbelastung an der Untersicht mit CFK-Lamellen verstärkt wird. 

Für die Dachterrasse erhält das Bauwerk in Teilbereichen eine Ergänzung mit einer muralen Brüstungsmauer, in die im Bereich des Treppenaufgangs eine Schiebedachverglasung als Witterungsschutz integriert ist. Zum Hofgarten und zum Hofhaus wird die Brüstungsmauer von einer einfachen Geländerstruktur abgelöst. Hier erhält der Gartenpavillon zudem einen (optionalen) Brückenschlag zum Hofhaus, welcher in Abhängigkeit vom Architekturprojekt (bzgl. Anschlusspunkt und Anschlusskonstruktion) gelöst werden kann. Eine Ausführung als rollstuhlgängige Rampe wäre eine optimale Ergänzung für das genossenschaftliche Wohnen.

Ausgangslage und Ziel

Der für eine künftige öffentliche Nutzung freigewordene «Parkplatzhof» inmitten der östlichen Altstadt erweitert das Innenstadterlebnis für die Bevölkerung um einen unerwarteten Freiraum. Hinter den steinernen Fassadenzügen der langgestreckten mineralischen Altstadtstrassen eröffnet sich eine eigene Welt der Verwinkeltheit und Kleinteiligkeit und Vielfalt, welche nun mit Mitteln der Entsiegelung in einen grünen Rückzugsort für Alle verwandelt werden kann. Die bereits südlich der Badgasse vorhandene – hier private – Typologie des Gartenhofs wird aufgenommen und in den Projektperimeter erweitert.

 

Freiraumlesung und Konzept

Mit der mittelalterlichen Stadterweiterung um eine östliche und westliche Vorstadt (Neustadt) entstanden für die ursprüngliche Kernstadt untypische Strassenzüge, welche Bebauungsgevierte mit weitgehend unbebauten Innenbereichen bzw. grossen Hofräumen ausbildeten. Historische Plandarstellungen zeigen grössere, wohl in erster Linie der Selbstversorgung dienende Gartenflächen. Weitere «rückwärtige Nutzungen» liessen eine Vielfalt an Anbauten, Erkern und Nebengebäuden, Mauern und Mäuerchen entstehen, welche heute mit ihrer Vielgestaltigkeit und Buntheit im anregenden Kontrast zu den langen Fluchten der strassenseitigen Frontfassaden stehen. Ein Hauch von chaotischer Vergangenheit und Wildwuchs mit romantischer Anmutung.

Im südlichen Teil des von Obertor, dem Oberen Graben, der Tösstalstrasse und der Neustadtgasse gebildeten Bebauungsgevierts ist der Innenbereich von öffentlich nicht zugänglichen privaten Gartenoasen bestimmt, deren atmosphärische Dichte für die Gestaltung des neuen Hofraums Ausgangs- und Anknüpfungspunkt ist. Mit der Neugestaltung des Projektperimeters wird der bestehende Asphaltbelag überall dort ausgebaut, wo ein Hartbelag nicht weiter erforderlich ist und daher zugunsten von Vegetationsflächen oder Chaussierungen weichen kann. Entsprechend werden konsequent die Randbereiche entlang von Fassaden, Mauern und Grenzen zu Staudenflächen als Begleiter beim Durchqueren des neuen Gartenhofs. Gehölze und Kletterpflanzen ergänzen die aus dem Asphalt geschnittenen Rabatten und füllen den heute kargen Hof. Baumpflanzungen lassen zusammen mit den bestehenden Bäumen der Nachbarparzellen stimmungsvolle schattige Aufenthaltsbereiche entstehen. 

Die verwinkelten Gassen des Inneren Rettenbachwegs und der Lörlibadgasse erhalten durch eine schmale gepflästerte Wegspur, welche in ganzer Länge vom Obertor bis zum Anschluss an der Badgasse durch das Areal gezogen wird, eine neue Verästelung des Fusswegnetzes. Die Wegspur nimmt in Winkelung, Breite und Materialisierung die Typologie der feinen Altstadtwege auf und ist Angebot und Aufforderung zugleich, den Hofgarten zu entdecken oder zu durchqueren. Mit seiner Pflästerung aus Guber-Quarzsandstein fügt sich der Weg nahtlos in das bestehende Wegnetz ein.

 

Hofgarten - Gestaltung und Gliederung

Vom Obertor betritt man die von Stauden und Gehölzen gesäumte Gassenöffnung zwischen Obertor 13 und 17. Der läuferartig in den aufgeschnittenen Asphalt eingelegte Gubersteinteppich führt als Hofgartenweg durch die grüne Gasse auf den Laternenhof vor dem genossenschaftlichen Hofhaus (Obertor 15 und 17a) der GESEWO. Eine übergrosse hängende Altstadtlaterne bestimmt, eingespannt zwischen den flankierenden Fassaden, den Hof, «lockt» von der Obergasse in die Tiefe des Hofraums und markiert die Fussweggabelung, die entweder direkt zur Neustadtgasse oder aber weiter in den Hofgarten führt. Weiterhin stark von Hartbelägen geprägt, weist der Laternenhof einen Werkhofcharakter auf und integriert die Fahrwege zu den privaten Stellplätzen sowie die den Gewerbeflächen verfügbaren fassadennahen Bereiche.

Ein neuer Wandbrunnen mit feiner Akustik führt um die Ecke des Hofhauses herum in den eigentlichen Hofgarten. In Reminiszenz an mittelalterliche Nutzgartenstrukturen besetzt ein aus holzgefassten Hochbeeten bestehender Garten das Vis-à-vis des Genossenschaftswohnens. Die umgenutzte Tragstruktur der ehemaligen Parkplatzüberdachung wird zur raumhaltig-luftigen Gartenpergola, die aus den Hochbeeten heraus und von der rückwärtigen Spalierwand berankt wird und mit ihren fruchtbehangenen Klimmern zur Obst- und Gemüseernte (durch die hegenden Genossenschaftler) einlädt. Am Ende der hölzernen Gerüststruktur bilden angehängte Schaukelsessel den Übergang vom Garten zum chaussierten Quartiersplatz.

Von einer weit ausholenden Bogenbank gefasst, bietet der kleine Platz für alle Altersgruppen Raum für Aktivität und Aneignung. Bankbegleitende Tische und Stühle laden zum Zusammensein ein. Boule, Schach und Ping-Pong ermöglichen generationsübergreifendes Miteinander. Grosse Bäume ergänzen die bestehenden Nachbarsbäume und die vorhandene Hainbuche. Mit Ausnahme des in der Platzmitte vorgesehenen Schnurbaums (Sophora) mit seinem gefiederten Laub und lichtem Schattenwurf werden dabei analog zum Bestand Ahorne gepflanzt. Der Übergang zu den angrenzenden Fusswegen des Inneren Rettenbachwegs und der Lörlibadgasse wird durch eine Staudenpflanzung im Rücken der Bogenbank sowie die beibehaltenen bestehenden Mauern und Zäune begrenzt. Der ortsprägende Charakter der schmalen, gefassten Gässchen wird so gewahrt. Lediglich eine kleine Öffnung in der Mauer ermöglicht die direkte Anbindung der Lörlibadgasse an den Quartiersplatz. 

Ostseitig wird der Quartiersplatz von einer Versickerungs- und Retentionsmulde, dem Regenfänger, ergänzt. Platzseitig von breiten Stufen gefasst und mit einer maximalen Einstautiefe von 20cm, geht das entstehende Feuchtbiotop zu den angrenzenden Privatgärten in eine von Riedgräsern und Weiden bestandene Verlandungszone über. Der Regenfänger wird vom Oberflächenwasser der Belagsflächen und von den Dachflächen des Hofhauses gespeist, das von der offenen Rinne des Brunnenabflusses gesammelt wird. Während der Brunnen für einen kontinuierlichen kleinen Zufluss sorgt und ein völliges Austrocknen im Hochsommer verhindert, bietet der Regenfänger dem Meteorwasser ein bedeutendes Speichervolumen, das über Verdunstung und Versickerung den Hofgarten zum Cool-Spot werden lässt. Als Biotop wird er zudem zum Lebensraum von Insekten und Amphibien und dadurch zum Ort der Naturerkundung nicht nur für kleine Forschende.

Bevor die offene Rinne den Regenfänger erreicht, wird sie von den Zugängen zur Werkgasse des Hofhauses und zum Hofpavillons (ehemalige Garagenbauten) gequert. Ist der schmale gekieste Hof zwischen Genossenschaftshaus und Hofpavillon den Bewohnern als ruhiger Rückzugsort vorbehalten, so soll der Hofpavillon eine gemeinschaftliche Mischnutzung für die gesamte Nachbarschaft ermöglichen. 

Die bestehenden Garagenbauten werden dazu baulich in einen Gemeinschaftsraum mit Werkstatt und Küche umgewandelt, der sich über Schiebetore zum Hofgarten öffnen lässt. Hier sollen Velos etc. repariert werden und Kindergeburtstage etc. gefeiert werden können. Eine den Genossenschaftlern vorbehaltene Dachterrasse ergänzt den Hofpavillon. Über eine integrierte Treppe sowie einen Brückenschlag zum Hofhaus ist diese Gartenloge erreichbar.

Bei der künftig wieder als Badehaus genutzten Badgasse 6 schliesst der Hofgartenweg an den Inneren Rettenbachweg an. Der angrenzende rückwärtige Bereich des Badehauses erhält eine Pflästerung analog zu den platzartigen Bereichen entlang der Badgasse. Die erforderlichen Parkplätze werden entsiegelt und gekiest. Neben Parkierung und Anlieferung kann der entstehende Hof bei Bedarf auch als stimmungsvoller Teil des Hofgartens für Café oder Apéro genutzt werden.

  

Nutzerschaft und Nutzungszonierung

Entsprechend der Kleinteiligkeit und Vielgestaltigkeit der ortsprägenden «Hinterhofstrukturen» bietet der entstehende Hofgarten ein reichhaltiges Freiraumangebot auf engem Raum und entspricht so, mit ganz eigener Prägung, der verdichteten Altstadt. Der neu als öffentlicher Raum erschlossene Hofgarten erhält nur bedingt eine klare Nutzungscodierung. Es werden vielmehr Schwerpunkte bestimmter Nutzungsmöglichkeiten angeboten, deren Übergänge fliessend sind und sich überlagern. Verbindendes Element ist der gepflästerte Hofgartenweg, der den Perimeter durchquert und mit dem «Aussen» verbindet.

Neben den klar als öffentlich lesbaren Bereichen des Laternenhofs und des Quartiersplatzes gibt es klar als privat lesbare Bereiche wie die rückwärtigen, mauergefassten Höfe des Obertors 13, 17 und 17a., welche hausbezogene Nutzungen (Velo, Container) aufnehmen. Daneben gibt es mit dem Pergolagarten und dem Hofpavillon Bereich, die einer Zuwendung und Aufsicht (und Betrieb) durch die Genossenschaftler erfordern. Als Kümmerer übernehmen sie die Obhut über diese Bereiche, ermöglichen aber auch die Teilhabe durch die Öffentlichkeit.

  

Beleuchtung

Die Beleuchtung des Hofgartens beschränkt sich auf die erforderliche Ausleuchtung der Fusswegverbindung. Der Quartiersplatz und weitere Randbereiche (Regenfänger, Pergolagarten) bleiben im Sinne des Dark-Sky unbeleuchtet. Für die Leuchten wird auf die bereits in den angrenzenden Gassen verwendete Altstadtleuchte zurückgegriffen. Mit der ins Zentrum des Laternenhofs eingehängten Grosslaterne gleicher, aber übergrosser Bauart, wird das sonst beiläufige Element zum identitätsstiftenden und verortenden Objekt, das die Multifunktion des durch sie bestimmten Freiraums nicht einschränkt.

  

Neu, Bestand und unsichtbare Vergangenheit

Der neue Hofgarten integriert auf ungezwungene Art bestehende Strukturen in die neue Gestaltung. So werden sämtliche vorhandene Mauern erhalten und ggf. von Anbauten befreit. Vom bestehenden Asphaltbelag wird subtraktiv überall dort Fläche ab- oder herausgeschnitten, wo neue Vegetationsstrukturen oder ungebundene Beläge entstehen können und sollen. Die dadurch zufällig wirkenden, fragmenthaft verbleibenden Belagsmarkierungen der vormaligen Parkplatznutzung sind dabei gewollte Spuren einer vergangenen Episode. Nicht nur die übernommene Patina soll dabei einen versöhnlichen Wandel befördern, sondern auch die implizierte Nachhaltigkeit durch Ressourcenschonung (Abbruchvermeidung durch Nutzungsverlängerung) sowie die Reduktion der Erstellungskosten. Gut 25% der Belagsfläche kann so unangetastet verbleiben.

Durch die Übernahme der Tragkonstruktion der ehemaligen Parkplatzüberdachung kann ein sonst kostenintensives Bauwerk wie die Gartenpergola als ortsprägendes Element zu einem Bruchteil der Investitionskosten erstellt werden. Ebenso ist der Umbau der Garagenbauten zum Hofpavillon mit relativ einfachen Massnahmen realisierbar und ist damit eine einmalige Gelegenheit, Mehrwert aus dem Bestand zu generieren.

In den Untergrund eingreifende Massnahmen können durch dieses Vorgehen fast komplett ausgeschlossen werden. Die archäologische «Sperrschicht» ca. 40cm unter der Bestandsoberfläche wird lediglich in kleinen Bereichen der Versickerungsmulde angetastet, wobei hier auf Sondierungsbefunde während des Bauens gut reagiert werden kann. Dies gilt auch für die Baumstandorte, für die zwecks Anhebung der Pflanzgrubensohle eine Anhebung der neuen Geländeoberfläche vorgesehen ist. 

 

Vegetation

Für die neuen Vegetationsflächen wird auf artenreiche Staudenansaaten zurückgegriffen, welche je nach Standortexposition durch Strukturbildner angereichert werden. Blütengehölze ergänzen die Rabatten um räumlich wirksames Volumen. Der Regenfänger erhält eine Ansaat mit wechselfeuchter Staudenflur, Riedgraspflanzungen und kleine Weidengehölze. Die Baumpflanzungen übernehmen mit flachwurzelnden Ahornen (Acer platanoides und campestre) das bereits vorhandene Gehölzbild. Mit einem Schnurbaum wird im Zentrum des Hofgartens und im Laternenhof ein Akzent mit einem flachwurzelnden (Archäologie) und klimaresistenten Zukunftsbaum gesetzt. Die chaussierten Baumscheiben erhalten eine Ruderalansaat, die sich je nach Nutzungsintensität in die Fläche entwickeln kann. Einzelne Pflanzungen von Edelkastanien begleiten zudem den Hofgartenweg. 

 

Hofpavillon

Die bestehende Baustruktur der Garagenbauten wird durch Entfernen und Hinzufügen von Öffnungen zum Gemeinschaftspavillon gewandelt. Mit der Entfernung der trennenden Mauern werden die beiden Garageninnenräume verbunden und mittels zweier Doppelstützen die statische Schwächung aufgehoben. Zum Hofgarten erhält das Bauwerk eine markante Fassade mit Rundfenster und Regenspeier in den davorliegenden Regenfänger. Die rechte Garagenöffnung wird dazu mural gefüllt. Der linke Garagenteil erhält dafür eine breite Öffnung mit einem Unterzug und einem Schiebetor, das sich an den vorhandenen Toren auf der Nordseite orientiert. Der Gemeinschaftsraum kann so zum offenen und durchlässigen Pavillon gewandelt werden. Ein Werkstatt- und Küchenblock steht den Nutzern zur Verfügung. 

Die Öffnung der Bauwerksdecke für die Treppenanlage auf die Dachterrasse folgt der statischen Struktur, wobei diese zur Aufnahme der zusätzlichen Nutzungsbelastung an der Untersicht mit CFK-Lamellen verstärkt wird. 

Für die Dachterrasse erhält das Bauwerk in Teilbereichen eine Ergänzung mit einer muralen Brüstungsmauer, in die im Bereich des Treppenaufgangs eine Schiebedachverglasung als Witterungsschutz integriert ist. Zum Hofgarten und zum Hofhaus wird die Brüstungsmauer von einer einfachen Geländerstruktur abgelöst. Hier erhält der Gartenpavillon zudem einen (optionalen) Brückenschlag zum Hofhaus, welcher in Abhängigkeit vom Architekturprojekt (bzgl. Anschlusspunkt und Anschlusskonstruktion) gelöst werden kann. Eine Ausführung als rollstuhlgängige Rampe wäre eine optimale Ergänzung für das genossenschaftliche Wohnen.